shakespeare-literatur
  Sommer (Georg Trakl)
 

Sommer
Georg Trakl (1887 - 1914)

Am Abend schweigt die Klage
des Kuckucks im Wald.
Tiefer neigt sich das Korn,
der rote Mohn.

Schwarzes Gewitter droht
über dem Hügel.
Das alte Lied der Grille
erstirbt im Feld.

Nimmer regt sich das Laub
der Kastanie.
Auf der Wendeltreppe
rauscht dein Kleid.

Stille leuchtet die Kerze
im dunklen Zimmer;
eine silberne Hand
löschte sie aus;

windstille, sternlose Nacht.


Gedichtanalyse:

Das expressionistische Naturgedicht „Sommer“ von Georg Trakl, welches 1914 verfasst wurde, befasst sich mit der Vergänglichkeit des Tages und des Sommers. Es beschreibt einen ungewöhnlichen Sommerabend. Mein erster Eindruck von dem Gedicht ist, dass das lyrische Ich eine schwierige und ungewohnte Situation an einem Sommerabend beschreibt.
Das Jahr 1914 ist der Beginn des Ersten Weltkriegs in Deutschland. Im August des Jahres meldet sich Trakl freiwillig zum Militärdienst und wird als Sanitätsoffizier an der Ostfront eingesetzt. Da der Lyriker die Gräuel des Krieges nicht erträgt und einen Nervenzusammenbruch erleidet, wird er ins Lazarett Krakau eingeliefert. Da Trakl einer Anklage vor dem Kriegsgericht entgegen sieht, nimmt er sich im November des gleichen Jahres das Leben.
Mit dem Titel „Sommer“ verbindet man etwas Angenehmes und Schönes. Es ist die wärmste der vier Jahreszeiten, daher ist man meistens draußen in der Natur. Das Gedicht jedoch zeigt einen anderen Sommer. Es konfrontiert den Leser mit den ungewöhnlichen Aspekten der Jahreszeit.
In dem expressionistischen Naturgedicht von Georg Trakl ist kein einheitliches Reimschema vorhanden und kein einheitliches Metrum zu finden. Optisch macht das Gedicht einen ungewohnten und merkwürdigen Eindruck. Mit seinen fünf Strophen, welche sich in vier Quartette und einem allein stehenden Vers unterteilen, entspricht es keineswegs den in jener Zeit üblichen Vorstellungen und Erwartungen, die ein Leser mit einem Gedicht verknüpft.
Das Gedicht lässt sich in zwei Sinnabschnitte einteilen, was sich durch die verwendete Klimax begründen lässt. Der erste Abschnitt (V.1 bis V.10), der in der Natur spielt, beschreibt die Veränderungen zum Abend hin. Der zweite Sinnabschnitt (V.11 bis V. 17) hingegen beschreibt die Wahrnehmungen innerhalb eines Gebäudes mit Blick nach draußen.

 

Im ersten Sinnabschnitt, geht es wie bereits erwähnt um die Veränderungen der Natur zum Ende hin. In diesem Sinnabschnitt ist der erste Teil der Klimax, wonach sich das Gedicht gliedern lässt, zu finden. In Vers eins verdeutlicht das Substantiv „Abend“(V.1) eine zeitliche Einordnung.
Man kann viel Metaphern und Symbole finden. Bereits die erste Personifikation, welche die Stille verdeutlicht ist in Vers eins zu finden, da heißt es „schweigt die Klage“ (V. 1). Mit einer Klage sind normalerweise Probleme verbunden, welche durch Kommunikation ausgetauscht werden, was das Bild der Ruhe zerstört. Diese Personifikation bezieht sich auf den folgenden Vers, indem der Kläger bekannt gegeben wird. Der Kuckuck, welcher die Rolle des Klägers verbildlicht, nimmt eine zwiespältige Position ein. Den Kuckuck hört man am Abend im Wald seine Geräusche zwitschern, welche eine Art Protest gegen die Nacht gesehen werden können. Doch zwitschert er gleichmäßig, was ein idyllisches Bild erzeugt.
„Der rote Mohn“ (V.4) weist zwei solcher Symbole auf, welche im Zusammenhang eine andere Bedeutung haben, als wenn sie allein stehen. Rot ist die Farbe der Liebe, welche in diesem Vers dem Mohn zukommt. Mohn ist jedoch ein Suchtmittel und somit schädlich für den menschlichen Körper. Die Liebe zu diesem Suchtmittel, kann in übermäßigem Maße zu dem Tod führen und ist dementsprechend für die Vergänglichkeit des Lebens mit verantwortlich.
Auch findet man in dem folgenden Versen ähnliche Stilmittel, die besondere Bedeutung für die Natur haben. So heißt es „Schwarzes Gewitter droht über dem Hügel“ (V. 5f.). Zunächst einmal ist die Bezeichnung schwarzes Gewitter eine Metapher, welches sich mithilfe der Farbsymbolik erschließen lässt. Schwarz ist die Farbe des Todes. Da sogenannte schwarze Gewitter im Sommer relativ selten zu beobachten sind, soll diese Metapher die Naturgewalt dessen veranschaulichen, was durch die Farbsymbolik extremer dargestellt wird. Die zusätzliche Personifikation „droht“(V.5) wirkt beängstigend. Durch den darauffolgenden Vers „Über dem Hügel“ (V.6) wird eine örtliche Einordnung vorgenommen.
Doch steht die gesamte zweite Strophe in näherem Zusammenhang. Da das Zirpen der Grille erstirbt (vgl.V.7) und somit gegenüber dem drohenden Gewitter scheint unter zu gehen, wird die Gewalt des Gewitters hervorgehoben.
Die letzten Symbole dieses ersten Sinnabschnittes, welche im Kontrast zum Titel stehen, werden in Vers neun und zehn präsentiert. Mithilfe einer weiteren Metapher wird das Ruhen der heruntergefallenen Blätter auf dem Boden verdeutlicht. In diesem Zusammenhang lässt sich das Wort Laub (vgl. V.9) einordnen. Laub liegt meistens im Herbst auf den Straßen, wodurch man dieses als Symbol assoziiert. Mit dem Laub verbunden sind auch die Kastanien (vgl. V.10), die zur Jahreszeit Herbst abfallen. Jedoch werden die schweren Kastanien nicht wie die leichten Blätter wird von dem Wird umhergetragen, was die Metapher hinterlegt. Der Herbst ist die auf den Sommer folgende Jahreszeit und somit als Sinnbild für die Vergänglichkeit des Sommers zu verstehen.
Zurückblickend auf diese Verse lässt sich eine weitere Klimax erkennen, welche ebenfalls in dem zweiten Sinnabschnitt fortgeführt wird. Diese Klimax beinhaltet die Ortänderungen, welche von der Natur zum Gebäude führt. Der „Wald“ (V.2) ist ein Ort an dem sich viele Tiere aufhalten und der halbwegs geschützt ist. Jedoch führt der Weg des lyrischen Ichs über „Hügel“ (V.6) und „Feld“ (V.8), welches ungeschützte Orte für große Lebewesen sind. Im zweiten Sinnabschnitt führt dieser Weg des lyrischen Ichs in ein „Zimmer“ (V.14), was wiederrum ein geschützter, geheimnisvoller Ort ist.

Im zweiten Sinnabschnitt wird, wie bereits erwähnt, ein weitere Ort, das Zimmer, präsentiert. Außerdem ist der zweite Teil der Klimax, wonach sich das Gedicht gliedern lässt zu finden. In Vers 17: „Nacht“ wird ebenfalls eine zeitliche Angabe gemacht, die die Tageszeit beschränkt. Auffällig an dieser Klimax ist, dass sich die Schlüsselwörter am Anfang und am Ende des Gedichtes befinden. Daher lässt sich dies als Verlauf auffassen.
In Vers elf lässt sich die Wandlung erkennen. Indem es dort heißt „Auf der Wendeltreppe rauscht dein Kleid“ (V11f.). Die Wendeltreppe könnte unter anderem für den Tagesablauf stehen. Der im Grunde täglich ähnliche Inhalte hat, welche jedoch verschieden angeordnet sin. Jedoch könnte es auch als Treppe für den Übergang von Sommer zum Herbst stehen. Diese Treppe wird mithilfe des folgenden Verses eine verdeutlicht, sie wir als Handlungsort präsentiert. Die Metapher „rauscht dein Kleid“ (V.12) stellt einen Gegensatz zu dem ersten Sinnabschnitt da. Durch das rauschen werden leise Geräusche ausgedrückt, welche die im ersten Sinnabschnitt dargestellte Ruhe etwas wiederlegen. In Vers 13 wird durch die still leuchtende Kerze, was übrigens auch eine Metapher ist, das Licht verbildlicht. In den folgenden Versen wird die Vergänglichkeit bzw. der Tod umschrieben. Das auslöschen (vgl. V16), was sich auf den Kerzenschein bezieht, stellt dies dar.
Im aller letzten Vers wird die Dunkelheit noch einmal in anderen Worten verdeutlicht. Die „Windstille, sternlose Nacht“ (V.17) repräsentiert die Dunkelheit.

In dem gesamten Gedicht lassen sich viele Motive erkennen. Am häufigsten vertreten und von mir vorgestellt ist das Motiv der „Vergänglichkeit“. Zu diesem Motiv lassen sich Schlüsselwörter wie „auslöschen“ (vgl. V.16), „Erstirbt“ (V.8), „Mohn“ (V.4) und „Wendeltreppe“ (V.11) zuordnen. Auch findet man Schlüsselwörter zu den Motiven „Natur“ und „Ungewissheit durch die Dunkelheit“ finden. Wozu unter anderem „Wald“ (V. 2), „Gewitter“ (V.5), „Grille“ (V.7), „schwarz“ (V.5) und „sternlos“ (V. 17) zählen. Doch auch abgrenzend dazu lässt sich das Motiv der Zivilisation entschlüsseln. Wozu unter anderem „Lied“ (V.7) und „Wendeltreppe“ (V.10) gehören.


 

 
 
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